Bildkomposition in der Kunst – Alle Ordnungsprinzipien erklärt
Das Wort Komposition kennst Du bestimmt aus der Musik. Ein Komponist ist Jemand der einzelne Teile passend zu einem Stück zusammenstellt. Er fügt sie in einer bestimmten Ordnung und Harmonie zusammen. Ebenso ist es mit der Komposition in der bildenden Kunst.
Hier wird mit Komposition die Gliederung einer Skulptur, die Wandstruktur eines Gebäudes oder der Bildaufbau eines Gemäldes bezeichnet. Der Begriff „componere“ kommt aus dem Lateinischen und kann mit „Zusammenstellen und „in Position bringen“ übersetzt werden. Wird der Bildaufbau mit Hilfslinien kenntlich gemacht, ist es oft einfacher den Inhalt und die Intention des Künstlers zu verstehen. Hierfür werden alle Details weggelassen und alle Bildinhalte auf ihre Grundformen reduziert.
In der Malerei legt der Künstler, noch vor dem ersten Pinselstrich, die Anordnung der einzelnen Bildelemente und ihre Beziehung zueinander fest. Seine Vorüberlegungen sind grundlegend das Resultat. Daher skizziert er gleich zu Beginn, wo welche Objekte und Formen liegen sollen. Er bestimmt auch welchen Ordnungsprinzipen sie zu folgen haben.
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Struktur
Grundaufgabe der Bildkomposition ist die Strukturierung von Figuren und Bildelementen auf der Bildfläche. Punkte, Linien und Flächen können dabei geordnet oder ungeordnet sein. Folgen sie einer strengen geometrischen Abfolge, wird von einem Raster gesprochen. Aber auch dies kann durch die Vielzahl der Elemente eine unruhige Wirkung haben.
Geometrische Formen und Flächenhaftigkeit
Formen, wie das Quadrat, Rechteck, Dreieck, die Pyramide und der Kreis gehören zu den grundsätzlichen Kompositionsmitteln. Sowie ihre räumlichen Erweiterungen: Würfel, Quader, Kegel und Kugel.
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Symmetrie und Asymmetrie
Eine ausgewogene Wirkung haben Bildelemente, die sich an einer Symmetrieachse gegenüberstehen. Diese kann waagerecht, senkrecht oder schräg verlaufen. Symmetrie und die Betonung von Horizontalen lassen dein Bild harmonisch wirkten.

Piero di Cosimo: Der Besuch ; ca. 1480 - 1490
Interessanter wird dein Werk aber, wenn du einen asymmetrischen Bildaufbau wählst und Diagonalen verwendest. Durch die unregelmäßige Anordnung ist die Bildwirkung lebendiger.

Jean-Baptiste Chardin: Die Rübenputzerin ; 1738
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Kontraste
Möchtest du Spannung in deinem Bild erzeugen, sind Kontraste eines der wirkungsvollsten Ordnungsprinzipen der Komposition. Durch gegensätzliche Formen, Lichtverhältnisse und Farbunterschiede verleihst du deinem Bildaufbau mehr Aussagekraft.
Graphische Kontraste
Sie bestimmen, unabhängig vom Bildinhalt die Dynamik und Statik in deinem Bild: lang/ kurz, eng/ weit, senkrecht/ waagerecht, rund/ eckig, voll/ leer. Schon beim Skizzieren deines Bildes machst du erste Kompositionslinien und verursachst durch den Druck, den du auf deinen Stift ausübst, erste Farbkontraste: helle oder dunkle, dicke oder dünne Linien.
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Hell- Dunkel- Kontraste
Licht- und Schattenbereiche sind grundlegende Kompositionselemente. Kommt Farbe hinzu, kannst du damit die Atmosphäre deines Bildes beeinflussen.
Farbkontraste
Wähle Farben, die zusammen harmonisieren oder im Gegensatz zueinanderstehen. Am stärksten sind Farben mit unterschiedlicher Buntkraft, wie Komplementär- Kontraste: Gelb und Blau, Grün und Rot, Blau und Orange (Warm- Kalt/ Hell- Dunkel).
Dynamik und Statik
Durch asymmetrische und kontrastreiche Formen und Linien kannst du den Eindruck von Bewegung erzeugen. Verdichtest du Bildelemente und zeichnest geschwungene Linien oder größer und kleiner werdende Bildteile, gewinnt dein Bild an Lebendigkeit. Mit geschlossenen Bildelementen hingegen kannst du Bewegungslosigkeit und Ordnung erzeugen: Klare horizontale und vertikale Linien.
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Ballung und Streuung
Mit dem Bündeln von ähnlichen Bildelementen kannst du ebenfalls für Dynamik oder Ruhe sorgen. Setze die Formen ganz nahe nebeneinander oder überlappe sie, dadurch entsteht eine größere Konzentration in diesem Teil des Bildes. Ebenso wirkungsvoll, wie das Bündeln ist die gezielte Streuung von verschiedenen Bildelementen. Ordne sie regelmäßig an, um eine statische Wirkung zu erzielen oder streue sie dynamisch und willkürlich im Bild.

Pieter Brügel der Ältere: Der Sturz der rebellischen Engel ; 1562 - Beispiel für ein zerstreutes Motiv
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Gruppierung
Das Gruppieren von verwandten Bildelementen sorgt für Harmonie. Ordne hierfür Bildelemente in einem vergleichbarem Verhältnis symmetrisch oder asymmetrisch, geordnet oder ungeordnet, zentral oder dezentral an.
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Schwerpunkt
Wähle die zentrale Position, um einzelne Bildelemente in den Fokus des Betrachters zu lenken. Verdichte hierfür Bildelemente oder hebe Bildteile farblich hervor. Ein dezentraler Schwerpunkt am Bildrand ist unausgewogener, aber oft interessanter.
Geschlossene Komposition
Eine Komposition, die ein Bildmotiv vollständig zeigt, gilt als geschlossen. Sie ist auf den Bildrahmen begrenzt. Der Bildinhalt lässt sich erzählerisch von links nach rechts lesen.

Die Bilder der Renaissance waren oft streng konstruierte, geschlossene Kompositionen - Hier: Das Abendmahl, Leonardo da Vinci
Offene Komposition
Zeigst du nur einen Bildausschnitt, der imaginär über den Bilderrahmen hinausgeht, wird von einer offenen Komposition gesprochen. Für die Interpretation ist diese Variante deutlich spannender. Du kannst Nebensächliches weglassen und dich auf ein Detail konzentrieren. Nimmst du ein Foto als Vorlage, kannst du es nach Belieben Zuschneiden oder Detailskizzen anfertigen.
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Reihung und Rhythmus
Von Reihung wird gesprochen, wenn du verwandte Bildelemente im immer gleichbleibendem Abstand wiederholst. Sie können hierbei, wie in der Musik einem Rhythmus folgen: z.B. zwei waagerechte, drei senkrechte und wieder zwei waagerechte Linien. Dabei kann es sich um wirkliche oder nur gedachte Linien handeln.
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Perspektive
Die logische Anordnung ist eines der wichtigsten Kompositionselemente in der bildenden Kunst. Dazu zählt auch die Darstellung der Perspektive. Hat dein Bild einen Vordergrund, der nah und unten ist? Gibt es einen Mittel- und Hintergrund, der oben und weiter entfernt wirkt? Imaginäre Blickrichtungen, Fluchten und das Spiel mit den Ebenen sind für die Tiefenwirkung sehr wichtig.

Raffael: Die Schule von Athen - Klare Strukturen, Fluchtpunkt im Bild- und Handlungszentrum, mehrere Ebenen
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Proportionslehre und Goldener Schnitt
Der sogenannte Goldene Schnitt bezeichnet ein bestimmtes Verhältnis von Größen und Zahlen, um eine optimale Ausgewogenheit der Proportionen zu erlangen. Dabei verhält sich die kürzere Strecke zur längeren in dem selben Maß, wie die längere Strecke zur ganzen Länge: a:b= b:a+b.

Dieses Ordnungsprinzip ist wesentlich für figürliche Darstellungen und in der Plastik, um eine gewisse Ästhetik zu erlangen.
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Format
Wenn das Format deines Bildes nicht bereits durch die Leinwand- oder Papiergröße vorgegeben ist, bist du frei in der Wahl deiner Komposition.
Hoch- Und Querformat
Ein Hochformat eignet sich besonders gut für Porträts und Bildausschnitte. Ein Querformat bietet sich bei einer geschlossenen Komposition an, die eine erzählerische Funktion beabsichtigt: eine Landschaftsdarstellung oder Historienmalerei.
Setze die Prinzipien mit der Acrylmalerei gleich auf dem Malgrund um.
Quadrat und längliches Format
Quadratische Formate sind besonders bei abstrakten Darstellungen beliebt. Längliche Formate, im Verhältnis von 2:4 sind in Europa selten und daher sehr interessant.
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Beispiel: Perspektivische Bildkomposition
An einem Beispiel aus der Renaissance, das den Kompositionsstil einer Epoche wiedergibt kannst du sehen, wie ein Künstler mit den einzelnen Ordnungsprinzipen gearbeitet hat. Und welche Bedeutung seine Wahl auf den Bildinhalt hat.
Vielleicht kennst du das Wandgemälde des italienischen Renaissance Malers Masaccio. Es zeigt die Dreifaltigkeit.
Dargestellt ist ein am Kreuz hängender Christus. Neben ihm stehen links Maria, rechts Petrus. Zu ihren Füßen kniet das Stifterpaar. Über Jesus siehst du eine weitere männliche Figur, die Gottvater, bzw. den heiligen Geist darstellen soll.
Das Kreuz und die anderen Figuren stehen auf einem Fundament. Darunter ist ein Skelett abgebildet. Es symbolisiert den Tod, Jesu das Leben und der Heilige Geist die Auferstehung.
Um diesen symbolträchtigen Inhalt und dessen aussagekräftige Botschaft für die gläubigen Betrachter zu verdeutlichen, griff Masaccio zu einer vielschichtigen Bildkomposition:
- 1Perspektivisch unterteilt sich das Bild in mehrere Bildebenen. Vorne das Skelett, hinten Gottvater. Durch die Tiefenwirkung wird der Blick des Betrachters nach hinten gezogen: Vom Tod, über das Leben und Sterben, bis hin zur Auferstehung.
- 2Durch gedachte Linien und Diagonalen wird eine Dreieckskomposition erzeugt. Sie symbolisiert die Dreifaltigkeit und fixiert, wie ein Rahmen, den Schwerpunkt der Komposition.
- 3Die ausgestreckten Arme Jesu am Kreuz greifen die Waagerechte des Bodensockels auf. Beide markieren die Grenzen zwischen Dies- und Jenseits und unterstreichen die gewählten Ordnungsprinzipien.
- 4Hell-/Dunkel und Farbkontraste beleben das Bild.
- 5Die Position des Wandgemäldes auf einer Kirchenwand, zwingt den Betrachter seinen Blick von unten nach oben lenken zu lassen und somit inhaltlich wie formal der Komposition zu folgen.
