Powerlifting Trainingsplan: Programming-Basics
Die Frage nach der richtigen Trainingsprogrammgestaltung im Kraftsport ist eins der am meist diskutierten Themen für Einsteiger aber auch für fortgeschrittene Kraftsportler.
In diesem Artikel lernst du die grundlegenden Prinzipien, die jeden Powerlifting Trainingsplan bestimmen. Sie finden gewöhnlicherweise in den bekannten Trainingssystemen Einhalt, ohne dass du dir darüber Gedanken machst.
Um dein Training wirklich selbstständig gestalten und solche Trainingssysteme anpassen zu können, bedarf es genau dieses Verständnisses.
Krafttraining Buch: Mark Rippetoes Werke

Die vorgestellten Prinzipien stützen sich auf der Recherche von Mark Rippetoe, zu finden in seinem Buch Programmgestaltung im Kraftsport. In seinem Buch geht Rippetoe abseits der Trainingsprinzipien sehr spezifisch auf die Trainingsprogrammplanung für Einsteiger, Geübte sowie Fortgeschrittene ein. Darüber hinaus legt er in einem ganzen Kapitel die Besonderheiten für Frauen, Kinder, ältere Trainierende und Rehabilitanden dar.

Dahingegen beschäftigt sich das Buch Starting Strength von Mark Rippetoe mit den einzelnen Übungen und deren Ausführungen. Starting Strength ist über die Jahre zu so etwas wie der Bibel der Kraftsportler geworden, die alle wichtigen Übungen in aller Genauigkeit beleuchtet.
Eine Kombination aus beiden Büchern empfiehlt sich, um ein grundlegendes Verständnis sowohl über die Praxis als auch über die Theorie des Sports zu erhalten.
Der beste Trainingsplan im Powerlifting
Trainingspläne und Trainingssysteme gibt es wie Sand am Meer. Jeder, der bereits ein paar Jahre Trainingserfahrung hat, hat wahrscheinlich schon mehrere Pläne ausprobiert, die als besonders gut angepriesen werden, um Kraft und/oder Muskeln aufzubauen.
Viele Sportlerinnen und Sportler vergessen dabei die Tatsache, dass jeder Mensch unterschiedlich ist, jeder andere Gewohnheiten hat, jeder anderen Umständen ausgesetzt ist und es keine Einheitslösung für alle gibt. Umso wichtiger ist es, die nachfolgenden Prinzipien zu verstehen und anzuwenden. Im Kraftsport geht es primär darum stärker zu werden. Stärker durch regelmäßiges Training der Grundübungen und deren Variationen. Erst sekundär lautet das Ziel, Muskeln aufzubauen und die eigene Optik zu verändern.
Die Bewertung eines Powerlifting Trainingsplan, bzw. jedes kraft-fokussierten Trainingsplans sollte deshalb anhand deines Kraftfortschritts über einen bestimmten Zeitraum erfolgen.
Das Adaptionsmodell nach Rippetoe
Bevor wir anfangen können, die wissenschaftlichen Prinzipien der Kraftsport-Programmgestaltung zu definieren, müssen wir den Prozess diskutieren, anhand dessen eine Kraftsteigerung überhaupt erfolgt. Dieser Prozess der Anpassung auf Trainingsreize wird Adaption genannt.
Der Ablauf gemäß Rippetoe folgt dabei immer diesem Schema:

Durch Anpassung des Körpers an einen durch das Training induzierten Stressfaktor verändern Trainierende ihr Leistungsniveau. Genauer gesagt erfolgt die Adaption des Körpers im Rahmen des Kraftsports gemäß Rippetoe in diesen Schritten

Aus: Mark Rippetoe: Practical Programming for Strength Training
- 1Ausgangszustang: Selbstregulation des Körpers (Homöostase)
- 2Stressfaktor: Beispielsweise schweres Training
- 3Entscheidung: War das Training so anstrengend, dass sich der zelluläre und der systemische Ausgangszustand des Körpers verändert hat? Wenn ja, Veränderung des Ausgangszustandes. Wenn nein, Rückkehr in den Ausgangszustand.
- 4Entscheidung: Kannst du dich an den neuen Ausgangszustand adaptieren? Wenn ja: Leistungssteigerung. Wenn nein: Leistungsverlust.
In diesem Zusammenhang ist sicherlich auch das Modell der Superkompensation zu nennen, das allerdings Lücken in der zeitlichen Dimension der einzelnen untersuchten Adaptionen beinhaltet (Heterochronismus der Anpassung unterschiedlicher körperlicher Strukturen) und eine Lernentwicklung gänzlich außer Acht lässt.
1. Prinzip: Trainingsspezifität
Das Prinzip der Adaption und der Anpassung des Körpers an höhere Lasten findet sehr spezifisch statt und bezieht sich nur aus dem Bereich, aus dem der Stressfaktor stammt. Das bedeutet, dass du nicht erwarten darfst, mit regelmäßigem Radfahren deine Kraftwerte im Kraftsport steigern zu können, obwohl dabei deine Beine trainiert werden. Um im Powerlifting besser zu werden, bedarf es eines gezielten Krafttrainings, das die Übungen umfasst, in denen du stärker werden möchtest (vor allem: Kniebeugen, Bankdrücken, Kreuzheben).

Mark Rippetoe: Spezifität in Abhängigkeit zur Wiederholungszahl
Gleichzeitig spielt auch der Wiederholungsbereich eine wichtige Rolle bei der Spezifizität. Du darfst nicht erwarten, deine 1RM signifikant zu verbessern, wenn du dein Training ausschließlich mit 15 bis 20 Satzwiederholungen gestaltest.
Im Kraftsport wirst du stärker, wenn du in einem Wiederholungsbereich trainierst, der direkten Einfluss auf deine Maximalleistung hat.
Das Thema Spezifität im Training ist so umfangreich, dass es den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Am wichtigsten ist jedoch die Erkenntnis, dass du sowohl übungsspezifisch als auch satz- und wiederholungsspezifisch aber sogar ausführungsspezifisch zu deinen Zielsetzungen trainieren musst, um mit den optimalen Ergebnissen belohnt zu werden.
2. Prinzip: Overload - Überlastung des Körpers
Der Adaptionsprozess ist nur dann gehaltvoll, wenn er über einen längeren Zeitraum regelmäßig induziert wird. Das bedeutet, dass du regelmäßig die spezifischen Belastungen in einem steigenden Maßen benötigst, um eine Veränderung des Ausgangszustandes zu erreichen. Nur wenn du deinen Köper immer wieder "überlastest", bzw. die Belastungsgrenze überschreitest, wirst du neue Fortschritte erzielen.
Für das Overloading im Kraftsport zieht das folgende Konsequenzen mit sich: Du musst über deine Trainingskarriere hinweg deine Trainingsgewichte, deine Satzzahl oder deine Wiederholungszahl erhöhen, um Fortschritte zu ermöglichen. Ab einem gewissen Punkt ist das allerdings einfacher gesagt als getan.
3. Prinzip: Erschöpfungshaushalt
Je größer die Stressdosis im Verhältnis zu deiner Regenerationskapazität ist, desto länger dauert der Erholungsprozess. Wenn du beispielsweise deine Kreuzhebe-Last falsch handhabst, wird es zu lange dauern, um dich rechtzeitig zum nächsten Kreuzhebe-Training erholt zu haben. Körperlicher Stress muss richtig akkumuliert werden, um die Regeneration zu maximieren und unnötige Trainingsausfälle zu vermeiden.
Sobald du den Stress-Erholung-Adaptionszyklus abgeschlossen hast, möchtest du deinen Körper zeitnah wieder belasten, bevor das erhöhte Leistungsniveau wieder abflacht. In Bezug auf den Kraftsport sind daher sowohl Übertraining als auch Untertraining denkbar, die dich von optimalen Fortschritten abbringen können.
Das Haushalten mit der Regeneration und der Ermüdung ist daher der Dreh- und Angelpunkt des Trainingsprogrammgestaltung: Der richtige Zeitpunkt der Trainingsreize sowie die Dauer der Erholungsperioden ist so zu wählen, dass du die Adaptionsrate innerhalb eines Trainingszyklus maximierst.
4. Prinzip: Individualität
Jeder Mensch ist unterschiedlich. Das Prinzip der Individualität muss auch im Kraftsport betont werden. Unzählige Faktoren wirken sich auf den Erfolg eines Trainingsplans aus. Du bist dafür verantwortlich, die richtigen Entscheidungen selbst zu treffen und dich nicht auf eine Einheitslösung zu stützen, wenn du Ergebnisse erzielen willst, die sich von der Einheitsmasse abheben.
Jeder braucht ein etwas anderes Trainingsvolumen, um Fortschritte zu machen. Jeder unterscheidet sich in der optimalen Gesamtbelastung innerhalb eines Trainings. Jeder hat einen unterschiedlichen Körperbau und damit verbunden eine individuelle Biomechanik, die bei der Übungsausführung eine immense Rolle spielt. Kein standardisierter Powerlifting Trainingsplan, der nicht von dir individualisiert wird, kann daher optimal für dich sein.
Aber: Einige Standardprogramme funktionieren oft sehr gut und du wirst mit ihnen Fortschritte erzielen. Sie sind allerdings suboptimal, weil sie dazu neigen, die Individualität des einzelnen Trainierenden zu vernachlässigen.
Nächste Schritte
Du kennst die wichtigsten Prinzipien des Kraftsports, sodass du in der Lage bist, deinen eigenen Trainingsplan zu gestalten. Gerade am Anfang wirst du jedoch einen Anhaltspunkt brauchen, an dem du dich orientieren kannst. Daher kannst du dir zunächst eins der beliebten Standardtrainingsprogramme aussuchen, es über mehrere Wochen testen und dann die notwendigen Veränderungen durchführen, um den Plan zu individualisieren und deinen Erschöpfungshaushalt aktiv managen zu können.