Foto: Nick Fedirko / Shutterstock.com
Ratgeber zum Schattenboxen - Vorteile, Anleitung und Tipps
Das Schattenboxen ist ein wichtiger Teil des Trainings eines Boxers. Ganz egal, ob der größte Boxer aller Zeiten Muhammad Ali oder lebende Legende Floyd Mayweather: Alle guten Boxer beherrschen die Kunst des Schattenboxens. Dabei könnten die Unterschiede zwischen den Schattenboxstilen der einzelnen Sportler größer nicht sein. Genau wie jeder Fighter im Ring einen anderen Kampfstil hat, hat jeder beim Schattenboxen seinen eigenen Stil, der verschiedene Aspekte des Trainings fokussiert.
Im Groben geht es jedoch immer um eine Mischung aus fließenden Bewegungen, müheloser Kraft, präziser Technik, hoher Schnelligkeit und geschmeidiger Beinarbeit.
In diesem Artikel widmen wir uns einzig und allein dem Schattenboxen. Was zeichnet es genau aus, was bringt es mir im Trainingsalltag und wie fange ich am besten damit an?
Der mentale Aspekt
Schon im antiken Griechenland wurde gegen einen Schatten geboxt. Grundsätzlich beschreibt das Schattenboxen nämlich das Boxen ohne einen physischen Gegner. Diese Methodik eignet sich, um neue Techniken auszuprobieren oder bereits Gelerntes zu festigen, ohne es am Sandsack oder einem Sparringspartner üben zu müssen.
Neben den technischen Vorteilen schult das Schattenboxen auch den mentalen Aspekt des Boxes. Nach einer Weile gerät man in einen Zustand des „Flows“, in dem man eins wird mit der zu bewältigenden Aufgabe.
Nicht zuletzt schärft das Schattenboxen auch das eigene Verhalten, indem sich zumindest mental verschiedene Szenarien in Sekundenbruchteilen zurechtgelegt werden. Wenn ich das mache, führt das zu was? Wenn ich diesen Schlag setze, offenbare ich an welchen Stellen Möglichkeiten für einen Konter?
Man kann sagen, dass sie Effektivität und die Vorteile des Schattenboxens deshalb gerade auf dem Fehlen eines physischen Gegners beruhen. Durch das Visualisieren ohne direkten Gegenüber werden sich dir deine Schwächen zeigen, deine Stärken präzisieren und deine Technik reifen.
Unterschiede zum Boxtraining
Schattenboxen ersetzt klassisches Boxtraining nicht. Erst durch die Anwendung an einem Objekt kannst du die Theorie in die Praxis umsetzen. Klassisches Training setzt auf häufige Wiederholungen und eine methodische Vorgehensweise, während das Schattenboxen das schnelle Visualisieren und Planen der Boxtechnik in den Vordergrund stellt.
Schattenboxen ist eine gute Übung nach dem Aufwärmprogramm im Training aber bevor es an die methodische Übung am Sandsack oder im Sparring geht, bei denen wesentlich höhere Kräfte wirken.
Viele Boxer wollen das Schattenboxen in ihr Aufwärmprogramm integrieren, vergessen dabei aber die Wichtigkeit einer klaren Struktur. Nur wenn die einzelnen Elemente einer Trainingseinheit klar abgesteckt sind, fällt es uns leicht, nicht ohne Verstand durch die Bewegungen zu gehen. Beim Schattenboxen kommt es darauf an, innerlich präsent zu sein und mit hohem geistigen Fokus zu boxen und zu visualisieren. Wenn das Aufwärmprogramm mit dem Schattenboxen ineinander übergeht, fällt es schwer, sich auf die einzelnen Bewegungen zu konzentrieren. Wenn es sogar als Teil des Aufwärmprogramms angesehen wird, fällt diese Aufgabe noch schwerer.
Richtig ist es also, sich vor dem Schattenboxen Zeit zu nehmen und sich auf die Besonderheiten dieses Trainingsaspekts einzulassen. Innerhalb des Schattenboxtrainings können und sollten ab einer gewissen Dauer einzelne Perioden abgegrenzt werden, um in den dazwischenliegenden Pausen neue Konzentration zu tanken.
7 Tipps für ein gelungenes Schattenboxen

Foto: Nick Fedirko / Shutterstock.com
Folgende Punkte können dir helfen, die Effektivität deines Boxtrainings zu vervielfachen.
01
von 07
Bewegung im Schattenboxen
Die Beinarbeit und die Bewegungen des Oberkörpers müssen synchronisiert werden. Beide Teile müssen in Harmonie miteinander funktionieren, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Was genau du dabei in den Vordergrund stellst, ist deine Sache und richtet sich am besten danach, an welchen Techniken du aktuell feilst. Kombiniere eine schnelle Beinarbeit mit präzisen Schlägen. Halte deine Deckung fest und übe deine Meid- und Ausweichbewegungen, um die Defensive zu verbessern.
Wenn dein Studio mit Spiegeln ausgestattet ist, kannst du dein Spiegelbild als Orientierung und Hilfe verwenden. Klammere dich aber nicht an deinem optischen Abbild, da du sonst folgenden Aspekt vergisst:
02
von 07
Dein imaginären Gegner
Während das Schattenboxen ohne direkten physischen Kontakt abläuft, geht es darum, dir einen starken Kontrahenten vorzustellen. Nur wenn du dir dein Gegenüber boxerisch auf Augenhöhe vorstellst, kann er auch eine Gefahr für dich darstellen – zumindest imaginär. Nur dann nimmst du das Schattenboxen ernst. Und nur dann legst du auch genügend Wert auf die defensiven Aspekte des Trainings.
Die ganze Zeit nur Fäuste zu werfen und deinen imaginären Sparringspartner zu schlagen ist nicht realistisch. Wenn du dir einen Gegner auf Augenhöhe vorstellst, bedeutet das, dass deine Defensive gefragt ist, da du sonst ausgeknockt werden würdest.
03
von 07
Aufteilung in mehrere Runden
Wenn es dir möglich ist, solltest du dein Schattentraining in mehrere Runden unterteilen, die durch zeitliche Pausen unterbrochen werden. Ist dir das nicht möglich, musst du dir selbst verschiedene Runden denken. Die einzelnen Runden nutzt du dazu, um verschiedene Aspekte des Kampfes in den Vordergrund zu stellen.
Beispielsweise kannst du in der ersten Runde den offensiven Part spielen. Du bist am Drücker und schlägst vermehrt, musst aber aufpassen, dass du dir keine Konter einfängst. In der zweiten Runde bist du eher defensiv ausgerichtet, musst viel ausweichen und Schläge meiden. Stell dir vor, dass du nach den Schwachstellen deines imaginären Gegenübers Ausschau hältst und jederzeit für einen Konter bereit bist, wenn sich die Chance bietet.
Eine klare Rollenverteilung hilft dir dabei, ganz gezielt die einzelnen Aspekte des Boxens durchzugehen, anstatt ohne Verstand und ohne Fokus einfach irgendetwas zu machen.
04
von 07
Variable Geschwindigkeit und Präzision
Stell dir genau vor, wie du mit verschiedenen Geschwindigkeiten arbeitest. Boxer wie Andre Ward gehen beinahe schon mit chirurgischer Präzision bei manchen Schlägen und mit enormer Geschwindigkeit bei anderen Schlägen vor. Durch die Kombination mehrerer Aspekte der Schlagausführung im Schattenboxen verbessert sich gleichzeitig die Präzision als auch die Geschwindigkeit der Schläge.
Andre Ward gilt auch als einer der elegantesten Schattenboxer der Welt, von dem du dir mit Sicherheit etwas abgucken kannst. Das führt uns auch gleich zum nächsten Tipp.
05
von 07
Sieh dir etwas bei anderen Boxern ab
Viele Boxer haben einzelne Aspekte des Sports gemeistert. Bevor sie die Sache allerdings meistern konnten, mussten sie viele Fehler machen und daraus lernen. Wenn du deinen Trainingsfortschritt katapultieren willst, solltest du dir einzelne Aspekte guter Boxer im Fernsehen, auf Youtube oder in deinem Gym abgucken und sie in deine Routine einbauen.
06
von 07
Vermeide diesen Fehler
Viele Boxer führen ihr Schattenboxen nicht mit der nötigen Präzision aus. Sie stellen sich beispielsweise vor, dass ihr Schlag durch ihren imaginären Gegner hindurch fliegt. Wenn dir das Schattenboxen etwas bringen soll, musst du gedanklich realistisch bleiben.
Wenn du deinen Kontrahenten mit einem deiner Schläge triffst, gehst die von dir ausgeübte Energie auf ihn über, wenn deine Faust auf ihn trifft. Anschließend musst du schnell zurück in die Deckung, um eine Konterchance zu unterbinden.
Stell dir also vor, wie sich deine Schläge verhalten, wenn sie auf einen Widerstand treffen (für deine Faust gibt es kein Durchkommen). Es ist wichtig, beim Schattenboxen genau zu bleiben, damit du dir keine falschen Offensiv- und Defensivangewohnheiten antrainierst.
07
von 07
Für deine Geschwindigkeit
Du kannst die Zeit ohne direkten Gegner nutzen, um deine Handschnelligkeit zu verbessern. Nimm dazu eine 0,5 kg Hantel in jede Hand und boxe so wie sonst auch. Anschließend boxt du eine Weile ohne die Hanteln weiter. Du wirst einen riesigen Unterschied im Schlaggefühl merken. Wenn du dich mit diesem Gefühl vertraut machst, wird sich deine Schlaggeschwindigkeit rasch erhöhen.
Relevant: Ratgeber zur Boxausrüstung