Sternbilder erkennen und zuverlässig identifizieren

Unsere Vorfahren haben einst Sternbilder genutzt, um sich an ihnen zu orientieren und ihre eigene Position zu bestimmen. Gleichzeitig wurden Sternbilder nicht nur zur geographischen Orientierung, sondern auch zur spirituellen Deutung verwendet.

Während heutzutage Navigationssysteme und Sternkarten uns die Orientierungsarbeit abnehmen, kann es durchaus faszinierend sein, die Sternbilder zu erkennen und sie zu deuten, um zu realisieren, wie winzig wir in einem sich fortlaufend ausdehnenden Universum wirklich sind.

In diesem Artikel erfährst du alles zu Sternbildern: Wie du sie findest und identifizierst, welche Konstellationen von besonderer Bedeutung in der griechischen Mythologie  sind sowie die Geschichte und ein Ausblick in die Zukunft der Sternbilder.

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Sternbilder erkennen

Dank einiger Programme und Apps fällt es im 21. Jahrhundert gar nicht mehr schwer, die Sternbilder erkennen und orten zu können.

Apps

Falls du schon den Artikel gelesen hast, wie du das Zentrum der Milchstraße sehen und fotografieren kannst, wirst du wissen, dass Apps wie Sky Guide die Sternbilder mithilfe von Augmented Reality in Echtzeit visualisieren. Gerade bei der Betrachtung von Sternkonstellationen, Milchstraße und Satelliten ist eine solche App unserer Meinung nach die beste Wahl für ein hautnahes Erlebnis.

Desktop-Programme

Sternkarten für den Computer gibt es in vielfacher Ausführung. Einige bedürfen einer Programminstallation (z.B. Stellarium), andere Karten findest du interaktiv im Internet (z.B. AstroViewer).

Wichtig ist bei solchen Programmen, dass du deinen Standort eingeben kannst, damit die Karte den aktuellen Ausschnitt des Sternenhimmels kalkulieren kann. Je nach Zeitpunkt innerhalb des Jahres und Standort unterscheiden sich die Ausschnitte des Himmels natürlich gravierend, sodass es dir nichts bringt, wenn dir ausschließlich die Sternkarte für Australien oder die USA angezeigt wird.

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Weitere Bedingungen

Neben dem eigenen Standort solltest weitere Bedingungen berücksichtigen, wenn du bestimmte Sternbilder am Nachthimmel erkennen willst.

In der Anleitung, wie du die Milchstraße sehen und fotografieren kannst, haben wir weitere Einflussfaktoren beschrieben, die die Sichtbarkeit der Sterne beeinflussen. 

Die wichtigsten Faktoren sind:

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Bekannte Sternbilder und ihre Sichtbarkeit

Orion, Wassermann und Widder sind drei bekannte Sternbilder, die jeder Astronom früher oder später gesichtet haben sollte. Alle drei Konstellationen lassen sich von Mitteleuropa aus erkennen. Hier erfährst du den optimalen Beobachtungszeitraum sowie eine Beschreibung der Sterne und deren mythologischer Bedeutung. 

Orion

Lateinischer Name: Orion
Beste Sichtbarkeit in Mitteleuropa: Winter

Orion SG

Screenshot: Darstellung des Orion in der App Sky Guide AR

Beschreibung: Orion ist wohl eins der bekannteste Sternbilder überhaupt. Dank seiner einzigartigen Form und dem aus drei Sternen bestehenden Oriongürtel ist Orion auch eins der ältesten und bedeutendsten Sternbilder überhaupt. Schon die Sumerer deuteten die Gestalt des Orion viele Tausend Jahre vor den Griechen. Während die Sumerer die Gestalt als Schaf deuteten, sahen die Ägypter darin das Abbild ihres Gottes Osiris. Die Griechen waren es schließlich, die in dem markanten Sternbild Orion erkannten, einen Jäger der griechischen Mythologie.

Auch nach den griechischen Interpretationen gab es immer wieder unterschiedliche Deutungen der Sternenkonstellation durch andere Völker. Die Germanen, die Wikinger, die Chinesen und einige Inselstämme der Südsee sahen in Orion etwas ganz anderes: Einen Pflug, die Gestalt des Gottes Thor oder gar ein Kriegsboot. Ganz egal, was man darin zu sehen vermag, der Orion besitzt eine markante Gestalt und kann auch von Anfängerinnen und Anfängern erkannt werden.

Mythologie: In der griechischen Mythologie war Orion ein gefürchteter, überdimensional großer Jäger und Sohn des Poseidon. Unterschiedliche griechische Gelehrte erwähnten Orion in unterschiedlichen Geschichten: Am bekanntesten sind die Versionen von Homer und Virgil.

Die beiden populärsten Sagen schildern den Tod des Orion als durch Artemis, Göttin der Jagd, ausgelöst.

In einer Geschichte freundete sich Artemis mit Orion an und ging mit ihm Jagen. Artemis' Zwillingsbruder Apollon missfiel die Freundschaft der beiden und forderte seine Schwester auf, eine Zielübung auszuführen. Artemis solle einen kaum sichtbaren Punkt weit draußen im Meer mit ihrem Pfeil und Bogen treffen. Artemis traf genau die Stelle und bemerkte zu spät, dass es sich dabei um ihren Freund Orion handelte.

In einer anderen Version wird Orion als eifriger Jäger dargestellt, dessen Ziel die Tötung aller Wildtiere der Erde gewesen sei. Ein von Artemis beschworener Skorpion soll Orion mit einem Stich getötet haben. Artemis versetzte daraufhin sowohl Orion als auch den Skorpion als Sternbilder an den Himmel.

Wassermann

Lateinischer Name: Aquarius
Sichtbarkeit: Herbst

Wassermann Sky Guide

Screenshot: Darstellung des Wassermanns in der App Sky Guide AR

Beschreibung: Das Sternbild Wassermann ist am Nachthimmel recht unauffällig und trug dennoch eine große Bedeutung für die Menschen der Antike. Wassermann besitzt keine markanten Sterne und in seiner Form nur wenige Alleinstellungsmerkmale, die sich von ihrer Umgebung absetzen. Der Name Wassermann rührt wahrscheinlich daher, dass die Menschen wussten, dass die Regenzeit bevorsteht, sobald die Sonne im Lauf des Jahres in das Gebiet des Wassermanns wanderte.

Mythologischer Hintergrund: Die mythologische Namensherkunft ist jedoch nicht eindeutig geklärt. Es gibt mehrere Ansätze, die allesamt plausibel erscheinen:

  • Zum einen könnte Deukalion, Sohn des Perseus, den Wassermann darstellen, der die deukalionische Flut überlebt hat, indem er sich ein Boot gebaut hat.
  • Zum anderen werden Vermutungen angestellt, dass es sich dabei auch um Ganymed handeln könnte, der von Zeus wegen seiner Schönheit als Mundschank der Götter eingestellt wurde.

Zum einen soll Deukalion, Sohn des Perseus, den Wassermann darstellen, der die deukalionische Flut überlebt hat, indem er sich ein Boot gebaut hat.

Zum anderen werden Vermutungen angestellt, dass es sich dabei auch um Ganymed handeln könnte, der von Zeus wegen seiner Schönheit als Mundschank der Götter eingestellt wurde.

Um das Sternbild Wassermann erkennen zu können, bedarf es eines lichtarmes Betrachtungsortes außerhalb der Stadt. Für Gebiete mit starker Lichtverschmutzung sind die einzelnen Sterne nicht lichtintensiv genug, um sichtbar zu sein.

Widder

Lateinischer Name: Aries
Sichtbarkeit in Mitteleuropa: Herbst

Screenshot: Darstellung des Widder in der App Sky Guide AR

Beschreibung: Das Widder ist wie der Wassermann eins der zwölf Tierkreiszeichen und trägt somit auch heute noch eine besondere Bedeutung. Eng verbunden mit dem Sternbild Widder ist die sogenannte nördliche Fliege, einer Sternengruppe, die in einigen Sternkatalogen erwähnt wird, allerdings nicht zu den 88 von der IAU offiziell anerkannten Sternbildern zählt.

Widder liegt direkt unterhalb des Sternbilds Dreieck und ist im Herbst in Mitteleuropa am besten zu erkennen. Die helleren Sterne des Widders bilden eine gekrümmte Linie, die deutlich

Mythlogischer Hintergrund: Das Sternbild Widder geht auf die griechische Sage des goldenen Vlies zurück. Chrysomallos ist ein Widder mit goldenem Fell, das von Hermes, dem Schutzgott des Verkehrs und der Reisenden, den fliehenden Stiefkindern der Ino, Helle und Phrixos gesendet wurde, um der wütenden Stiefmutter zu entkommen. Helle fiel bei dem Fluchtversuch in den Hellespont, sodass Phrixos alleine Kolchis erreichte. Nach der Ankunft wurde das Widder auf dessen eigene Bitte dem Kriegsgott Aries geopfert. Das Vlies wurde im Anschluss im heiligen Hain des Aries aufbewahrt.

In der Sage wurde das goldene Fell des Widders später von Iason, dem Anführer der Argonauten, gestohlen.

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Grundlagen zu Sternbildern

Von der International Astronomical Union (IAU) sind offiziell 88 Sternbilder anerkannt, die sich über den gesamten sichtbaren Nachthimmel erstrecken. Einige Sternbilder lassen sich nur von der Nordhalbkugel oder der Südhalbkugel aus erkennen, andere liegen im Grenzbereich und sind von beiden Erdhälften sichtbar. Obwohl sie oft nach mythologischen Figuren benannt sind, ist es für das ungeübte Auge unmöglich, die Figuren darin zu erkennen.

Erst mithilfe von einigen Helferlein wie Apps oder Sternkarten wird es dir möglich, mit ein wenig Vorstellungsvermögen die Punkte miteinander zu verbinden und das „Drumherum“ zu erkennen.

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Wer hat sich die Sternbilder ausgedacht?

Die heutigen Sternbilder entstammen den Gedanken bedeutender Astronomen der Menschheitsgeschichte.

Die Rolle der Griechen

Die älteste dokumentierte Aufzeichnung und Beschreibung einiger Himmelserscheinungen ist von Aratos von Soloi erhalten, einem griechischen Autor und Dichter. In seinem Werk Phainomena beschrieb er den Sternenhimmel in Gedichtform. Er orientierte sich dabei an den Gedanken des Eudoxos von Knidos, einem griechischen Gelehrten, dessen Werke leider bis auf einzelne Bruchstücke verloren sind.

Daher ist anzunehmen, dass die Entdeckung und die Benennung einzelner Sternbilder nicht von Aratos, sondern von einem anderen, früheren Gelehrten stammen. Die genaue Herkunft der Sternbilder kann nicht einem einzelnen Autor zugeschrieben werden.

Trotzdem können wir mit ein wenig Nachforschung einige Annahmen treffen, die Rückschlüsse auf die Ursprünge zulassen.

Die Rolle Mesopotamiens

Die von Aratos erwähnten Sternbilder befanden sich niemals in der Nähe des geografischen Südpols. Alle von ihm erwähnten Sterne konnten ungefähr zwischen dem 35. und dem 36. Breitengrad.

Als Entdecker der Sternbilder kommt daher nicht nur das antike Griechenland in Frage, sondern auch die Assyrer oder die Babylonier in Frage, die ab dem 3. Jahrtausend vor Christus in Mesopotamien nachgewiesenermaßen astronomische Forschungen anstellten und auf den sogennannten MUL.APIN-Tafeln Aufgänge einzelner Sternbilder beschrieben.

Es wird angenommen, dass Eudoxos von Knidos diese Aufzeichnungen kannte und seine Werke darauf basieren.

Sukzessive Katalogisierung im Laufe der Jahrhunderte

Claudius Ptomeläus, ein bekannter griechischer Gelehrter hat nicht nur das ptolemäische Weltbild bekannt gemacht, das bis ins Mittelalter nicht widerlegt wurde, sondern auch eine Katalogisierung von mehr als 1000 Sternen vorgenommen, die in 48 Sternbildern verteilt waren. Diese Sternbilder gelten als die Grundlage der heutzutage verbreiteten 88 Sternbilder.

Erst im Laufe der Renaissance wurden diese 48 Sternbilder um die Einflüsse bedeutender Astronomen erweitert. Vor allem die Sternbilder, die nur von der Südhalbkugel aus erkannt werden konnten, mussten noch erforscht werden. Erst im Jahr 1750 wurde das Konzept der 88 Sternbilder von Lacaille, einem französischen Astronomen, abgeschlossen, der noch bestehende Lücken auf der Nord- und Südhalbkugel auffüllte.

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Woher stammen die Bezeichnungen?

Die Bezeichnungen der Sternbilder entstammen antikem griechischen Gedankengut. Erstmals umfangreich katalogisiert wurden 48 der 88 heutigen Sternbilder von Ptolemäus, der die einzelnen Konstellationen nach Gestalten der griechischen Sage benannte.

Im 10. Jahrhundert n.Chr. Veröffentlichte der arabische Gelehrte Abd al-Rahman as-Sufi sein Hauptwerk Buch der Fixsterne, in dem er die Gedanken Ptolemäus aus dessen Hauptwerk Almagest aufgreift und sie um die arabischen Forschungserkenntnisse und seine eigenen Gedanken ergänzt. As-Sufi erkannte eine der beiden magellanschen Wolken rund 500 Jahre vor Ferdinand Magellan, der erstmals beide Wolken erkannte und namensgebend für sie war. As-Sufi beschrieb in seinem Werk außerdem den Andromedanebel rund 650 Jahre bevor er von Simon Marius erstmals durch ein Fernrohr beobachtet wurde. Einige der griechischen Sternbild-Bezeichnungen wurden von as-Sufi um arabische Bezeichnungen einzelner Sterne innerhalb der Sternbilder ergänzt.

Beschreibung des Sternbild Schützen aus dem Buch der Fixsterne

Die Beobachtungen von Ptolemäus wurden in der Renaissance in die Sprache der Wissenschaft – Latein – übersetzt. Deshalb sind die Sternbilder heutzutage namentlich eine Mischung aus griechischen Sagengestalten (z.B. Perseus) und ins lateinische übersetzte griechische Begriffe (z.B. Ursa Minor (Kleiner Bär).

Die von as-Sufi und weiteren arabischen Astronomen festgelegten Bezeichnungen einzelner Sterne innerhalb der Sternbilder werden heute ebenfalls oft verwendet (z.B. Aldebaran, Deneb, Mizar).

Daraus ergibt sich eine Mischung aus griechischen und lateinischen Begriffen für Sternbilder, verbunden mit einigen arabischen Bezeichnungen einzelner Sterne.

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Veränderung der Sternbilder in der Zukunft

Auch wenn die Sterne so aussehen, als würden sie niemals ihre Position verändern, ist die These eines starren Nachthimmels nicht haltbar. Wir nehmen die Veränderungen der Positionen der Sterne zueinander allerdings nicht wahr, weil sie sich so langsam vollziehen. Es scheint, dass sich die Sternbilder seit ihrer Entdeckung vor einigen Tausend Jahren nicht verändert haben.

Nachgewiesen ist, dass die Spiralarme der Milchstraße das galaktische Zentrum umkreisen. Unser Sonnensystem legt eine Umrundung des Galaxiezentrums in circa. 225 Millionen Jahren zurück (Galaktisches Jahr). Zur Bestimmung dieses Werts wurde die Position unseres Sonnensystems zum Zentrum der Milchstraße über die letzten Jahre beobachtet, ausgewertet und auf eine vollständige Umrumdung hochgerechnet.

Durch unterschiedliche Bahngeschwindigkeiten der einzelnen astronomischen Objekte verändert sich die Umgebung unseres Sonnensystems kontinuierlich. Die Sterne, die du am Nachthimmel sehen kannst, sind nur winziger Ausschnitt der Gesamtanzahl der Sterne, derer wir uns innerhalb eines galaktischen Jahres nähern und wieder entfernen werden.

Eine Animation der ESO verdeutlicht die Bahnen und die unterschiedlichen Bahngeschwindigkeiten des Sonnensystems und eines Auszugs der Sterne: 

Sternenbahnen

Zu sehen ist das Galaktische Zentrum (GC), die Sonne (gelb) und der schematische Verlauf der Sterne (rot) im Maßstab Lichtjahre in TSD - Foto: Wikipedia / ESO / CC by 4.0

Die Antwort lautet also: Nein, die von den Menschen festgelegten Sternbilder sind nicht permanent, sondern nur ein Ausschnitt der aktuellen Umgebung des Sonnensystems, die sich während ihrer Umkreisung des galaktischen Zentrums kontinuierlich verändert.

Es ist anzunehmen, dass die heutigen Sternbilder in mehreren Zehntausend Jahren noch immer zu erkennen sind, sich die von der Erde aus wahrnehmbaren Positionen der einzelnen Sterne zueinander jedoch erkenntlich verschoben haben. Einzelne Sternbilder werden dadurch markantere Züge besitzen, weiter auseinander oder enger beisammen liegen.

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