Grundlagen des Stimmtrainings
Nicht nur Sänger, Schauspieler und Moderatoren sind auf ihr Sprachorgan angewiesen.
Längst gilt jeder dritte Beruf als sprechintensiv – und das obwohl wir auf Twitter, Facebook & Co vermehrt in die Tasten hauen. Denn trotz der kurzweiligen Social-Media- Dienste kommst du im Alltag um das gesprochene Wort nicht herum.
Politiker, Manager, Lehrer und Erzieher setzen ihre Stimme ein, um eine Botschaft an den Mann zu bringen, ihrem Anliegen Ausdruck zu verleihen und sich durchzusetzen. Nicht selten wird die Stimme dabei über Gebühr belastet, sei es durch zu lautes oder zu leises Sprechen. Stimmtraining hilft bei der Gesunderhaltung deiner Stimme und kann zudem die Wirkung auf dein Publikum verbessern.
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Stimme trainieren
Für mehr Durchsetzungsvermögen und gegen Heiserkeit
Während manche Menschen geradezu schreien, gibt es andere, die sich kein Gehör verschaffen. Ihre Stimme geht einfach unter. Dabei ist zu leises Reden durchaus nicht mit Flüstern gleichzusetzen. Je nach Situation und Anlass kann es durchaus Sinn machen, die Stimmintensität herunterzuschrauben, zum Beispiel wenn wir jemandem bei einem romantischen Candle-Light- Dinner unsere Liebe gestehen. Umgekehrt ist es jedoch manchmal nötig, mit Nachdruck auf persönliche Standpunkte zu pochen. So ist es ganz natürlich, dass wir im Wortgefecht die Stimme erheben. Doch schreien solltest du nicht, denn solche Strapazen belasten auf Dauer die Stimmbänder. In der Folge klingt deine Stimme kratzig, rau oder heiser. Schlimmstenfalls bringst du gar keinen Ton mehr heraus.
Beim Training für die Stimme geht es keinesfalls darum, dich zum Dauerschwätzer zu erziehen. Im Gegenteil, gerade sogenannten „Voice-Workern“ tut es zuweilen gut, einfach mal nichts zu sagen. Wenn du deine Stimme trainierst, lernst du Techniken für mehr stimmliche Ausdauer, Erzähltechniken, damit dein Publikum gebannt zuhört sowie die richtige Balance zwischen laut und leise zu finden. Essentiell für eine volle Stimme ist die richtige Atmung.
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So funktioniert das Sprachorgan
Einatmen, ausatmen, sprechen
Kaum haben wir gelernt, die ersten Worte zu sprechen, plappern wir in einem fort, und zwischendurch wird auch geschrien: Hunger! Durst! Erst später schaltet sich der innere Zensor ein, damit nicht jeder Gedanken sofort hinausposaunt wird. Schlagfertigkeit hin oder her, ein Argument will gut überlegt sein. Am eigentlichen Sprechvorgang sind neben dem Gehirn noch zahlreiche weitere Organe beteiligt.
Wie ein eingespieltes Orchester arbeiten Stimmbänder, Kehlkopf, Lunge und die Resonanzräume in Mundhöhle und Rachenraum zusammen, um einen Ton zu erzeugen. Zuvor nimmt die Lunge beim Einatmen viel Luft auf, wenn das Zwerchfell kontrahiert. Neben diesem starken Atemmuskel sind noch Muskeln des Brustraums an der Inhalation beteiligt. Entspannen sich Zwerchfell und die übrigen Atemmuskeln, zieht sich die Lunge zusammen – wir atmen aus. Der Luftstrom bahnt sich seinen Weg zu den Stimmlippen, welche sich im Kehlkopfinnern befinden, und versetzt sie in Schwingung. Ein Ton wird hörbar.
Info: Der wichtigste Atemmuskel ist das Zwerchfell. Ohne Zwerchfell wäre nicht nur Sprechen unmöglich, sondern auch Lachen. Das Zwerchfell trennt Brust- und Bauchhöhle. „Zwerch“ hat dabei nichts mit Zwergen zu tun, sondern geht auf das alte germanische Wort „twerch“ zurück, was „quer“ bedeutet. In der Antike verorteten die Griechen den Sitz der Seele im Zwerchfell (Diaphragma). Das griechische „διάφραγμα“ bzw. „diáphragma“ bedeutet dabei so viel wie „Trennwand“. Demnach trennte das Zwerchfell etwa in der Körpermitte Verstand und Gefühl.
Je nach Länge und Dicke der Stimmbänder klingt der Ton höher oder tiefer. Unsere Tonlage ist daher gewissermaßen anatomisch vorbestimmt. Wie voll die Stimme jedoch klingt, hängt unter anderem von der Atmung, aber auch von Feuchtigkeitsgehalt und Größe der Resonanzräume ab. Wie einfach du den Klang deiner Stimme beeinflussen kannst, zeigt die folgende Übung.
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Übung für mehr Stimmgewalt
Mit ausgebreiteten Armen sprechen
Atmung und Haltung haben einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf den Klang der Stimme. Um diese Feststellung erfahrbar zu machen, bietet sich diese Übung mit ausgebreiteten Armen an. Überlege zunächst, welchen Ausspruch du im Alltag des Öfteren sagst. „Herzlich willkommen in unserem Geschäft“, „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“ oder „Guten Tag, meine Damen und Herren“ sind mögliche Beispiele. Wichtig ist, dass dein Satz kurz und knackig ausfällt.
Zunächst sprichst du deinen Satz ganz normal im Stehen. Beim zweiten Mal hebst du jedoch die Arme seitlich an, bis sie etwa in Schulterhöhe parallel zum Boden stehen. Sage deinen Satz in dieser Position noch einmal. Und, ist dir etwas aufgefallen?
Tatsächlich kommt einem die Stimme voller vor, wenn man mit ausgebreiteten Armen spricht. Das Sprechen fällt leichter. Der Grund dafür? Durch das Anheben der Arme kannst du freier atmen. Der Brustkorb weitet sich. Mit dem tiefen Einatmen kommt es darüber hinaus zur natürlichen Kehlkopfsenkung. Der abgesenkte Kehlkopf sorgt für einen größeren Resonanzraum. Neben diesem physischen Vorgang, der der Stimme mehr Volumen gibt, spielt auch eine psychische Komponente bei dieser Übung mit. Schließlich machst du dich durch das Ausbreiten der Arme größer. Mit dem Mehr an Spannweite steigt auch dein Selbstbewusstsein.
Mache diese Übung mehrmals täglich. Versuche dabei das Gefühl, tiefer einzuatmen, in deinen Alltag mitzunehmen. Du wirst sehen, schon bald wird diese Atemtechnik – auch ohne ausgebreitete Arme – zur Routine.
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Haltung annehmen
Für einen selbstbewussteren Auftritt
In aufrechter Position fällt es leichter zu atmen, wodurch auch die Worte einfacher über die Lippen gehen. Gleichzeitig wirkst du, wenn du beim Sprechen Haltung annimmst, überzeugender. Wer sich hingegen redensartlich kleinmacht, droht in der Diskussion nicht nur optisch unterzugehen. Daher stelle dein Licht nicht unter den Scheffel und stehe zu deinen Worten!
Rhetorische Mittel verhelfen deiner Botschaft zu mehr Nachdruck. Mit Metaphern und Vergleichen kannst du selbst komplizierte Zusammenhänge anschaulich vermitteln.
Rhetorische Fragen tragen dazu bei, die Aufmerksamkeit deines Publikums zu halten. Schließlich sind sie in der kurzen Pause nach der Frage aufgefordert, selbst einmal zu überlegen, warum, wieso, weshalb etwas so ist, wie du gesagt hast. Informiere dich über weitere rhetorische Mittel, um das Meiste aus deinem Vortrag herauszuholen. Oder noch besser: Besuche einen Rhetorikkurs, um überzeugend debattieren zu lernen.
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Durchhaltevermögen beim Sprechen
Tipps für mehr Ausdauer
Rhetorische Mittel sowie Sprechübungen für mehr Stimmvolumen und eine deutlichere Aussprache sind wichtig, wenn du das Instrument Stimme zum Klingen bringen möchtest. Damit die Stimme jedoch langfristig nicht versagt, kommt es auch auf Stimmhygiene an. So gibt es ein paar Dos und Don'ts im Umgang mit deiner Stimme:
Ausreichend trinken: Trinke stilles Wasser oder lauwarmen Kräutertee, um den Mund-, Hals- und Rachenraum feucht zu halten. Ansonsten läufst du Gefahr, dich des Öfteren räuspern zu müssen.
Luftfeuchtigkeit: Achte auf ausreichende Luftfeuchtigkeit im Raum. Vor allem während der Heizperiode können Luftbefeuchter helfen für das richtige Klima im Raum zu sorgen. Alternativ zu mit Wasser gefüllten Gefäßen, die direkt an den Heizkörper gehängt werden, kannst du auch eine Wasserschüssel auf die Heizung stellen.
Aufwärmübungen: Vor einem längeren Einsatz der Stimme solltest du die Stimmbänder aufwärmen. Summen, gähnen sowie Sprechübungen kurz vor dem Vortrag bereiten deine Stimme vor.
Einfach mal die Klappe halten: Vor allem Vielsprecher sollten es mit ihrer Stimme nicht übertreiben. Nach einem sprechintensiven Tag gilt es, etwas kürzer zu treten und einfach mal Ruhe zu bewahren. In bewussten Sprechpausen von etwa einer Stunde Länge gibst du deiner Stimme die Chance, sich zu entspannen und zu erholen.
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Was Stimmtraining nicht kann
Schauspieler, Sänger und auch Moderatoren arbeiten häufig mit Sprecherziehern zusammen, um ihre Ausdrucksfähigkeit zu verbessern.
Wer jedoch Unwohlsein bis Schmerzen beim Sprechen verspürt, Schwierigkeiten bei der Lautbildung hat oder während Vorträgen vor Erschöpfung nach Luft ringt, sollte diese Beschwerden beim Arzt vorbringen. Stimmtraining ersetzt weder einen Arzt noch einen Logopäden oder die stimmtherapeutische Behandlung.